Studio Grande

„Phil Spector, die Beach Boys, Jeff Lynne, Spiritualized – das waren die Sachen, die bei mir rauf und runter liefen, als ich die Songs für die Platte geschrieben habe.“ erzählt Kai, der Sänger und Gitarrist von Studio Grande. Allerdings: mit den Werken der Großmeister der Pop-Produktion haben Studio Grande nur bedingt etwas zu tun. Zwar steht auch hier ein Wall of Sound wie bei Phil Spector, aber dafür sind nicht Streicher oder Horden von Bläsern verantwortlich. 

Stattdessen schichten sich unendliche Lagen von verzerrten Gitarren übereinander, die berühmt-berüchtigten Feedbacks aus Lou Reed’s „Metal Machine Music“ werden zugeschaltet und Klänge vom alten Analaog-Synthesizer MS 20, Melotron und skurille Glocken besorgen den Rest. An den leichteren Stellen erinnert das Ganze vielleicht an Granddaddy oder die Lemonheads, wenn es härter zur Sache geht, fallen bei Testhörern Namen wie Union Carbide Productions oder die Flaming Lips.

 „Einen vernünftigen Produzenten für unser Zeugs zu finden, das war gar nicht so einfach“, erklärt Kai. „Bis wir dann mitbekommen haben, was Guido Lucas mit Bands wie Ulme, Porf oder Scumbucket anstellt.“ Klanglich sind die Gruppen meilenweit entfernt von dem für Deutschland typischen Hifi-Ansatz. Was zählt, ist der Bandsound. Fast alles wird live eingespielt mit dem Effekt, daß die Musik lebt. Charterprobte Acts wie Fishmob oder Thomas D sind schon aus ihren Metropolen ins rheinische Troisdorf gefahren, um sich den Guido-Sound geben zu lassen. 

Schreckhafte Menschen werden bei den zum Teil extrem brachialen Effekten des Studio-Grande-Albums zusammenzucken, einige werden ungläubig Richtung Anlage starren, sehr sehr viele werden einen Heidenspaß daran haben, wie gewaltig das Ganze rockt. Ein bewußtes NEIN zum klassischen Radiosingle-Format, eine klares JA zur Freude am Sound. Das ist die eine Seite. Die andere sind die schwebenden Harmonien und der scheinbar emotionslose Gesang von Kai, der die deutschen Texte nur noch verletzlicher erscheinen läßt. O-Ton Kai: „Wir haben gar nicht erst versucht, irgendwelche Widersprüche zwischen Alarm und Melancholie aufzulösen. Wozu auch?“ Spannende Musik entsteht eben aus Gegensätzen. Und durch exzellente Songs. Auf dem Gebiet haben Kai und Bassist Jockel auch schon häufiger ihre Talente bewiesen. Mit den Birdy Num Nums und The Braces sind sie nicht nur durch die halbe Welt gereist, nebenbei haben sie auch einen Großteil des Materials von insgesamt 6 Alben geschrieben.

Studio Grande Pressestimmen

Stellvertretend für all die wunderbaren bis euphorischen Kritiken, für die wir uns herzlich bedanken, hier die Besprechung aus dem WOM-Journal 1/99:

„Völlig unerwartet platzt ein grandioses Debütalbum ins deutsche Musikgeschehen. Überwältigender Gitarrenpop ist da zu hören – nicht radikal innovativ, alles schon mal so oder so ähnlich dagewesen, aber die Mischung ist einfach liebenswert. Der Sound des Trios bewegt sich irgendwo zwischen der Hamburger und der Germeringer/ Münchner Schule. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bands aus diesem Genre setzen Studio Grande jedoch nicht auf Low-Fi, sondern haben mit dem Produzenten Guido Lucas ein wirklich ausgefeiltes Album eingespielt. Perfekt arrangierter Breitwandsound, schlichtweg bewundernswert: Meterdicke Lagen von verzerrten Gitarren, die trotzdem genügend Raum für den fragilen Gesang lassen, schichten sich über ein gewaltiges Schlagzeug. Skurille Glocken, Gitarrenfeedbacks und der alte MS-20-Analog Syntheziser verleihen jedem Stück seine ganz eigene Ausstrahlung. Die Melodien setzen sich fest, und die Solo-Gitarre (mal quäkend wie bei Dinosaur jr., mal als Country Slide heulend) umgibt das Ganze mit einem lyrischen Flair, der einen förmlich durch das Album schweben läßt. In den Texten von Kai Berner (Sänger, Gitarrist und Komponist) über persönliche Gefühle beim Erwachsenwerden schwingt ein leicht frustrierter und desillusionierter Unterton mit, selbst wenn Berner aufbegehrt und kritisiert. Damit trifft er wohl ziemlich gut die Stimmung der Um-die-20jährigen: zu faul, was dagegen zu tun – aber zumindest noch nicht so tot, daß sie nicht spüren würden, was verkehrt ist. 13 Songs, über 50 Minuten, doch Langeweile kommt nicht auf. Ein fulminantes Debüt, das Hoffnungen weckt.“ D.Ro